Sonntag, 16. Februar 2014

Paid Content - warum die Lage gar nicht so schlecht ist

Su Steiger von den Digital Media Women hat mich eingeladen, am kommenden Mittwoch mit Katharina Borchert von Spiegel Online, Stefan Plöchinger von Süddeutsche.de und Jochen Wegner von der Zeit Online über Paid Content zu diskutieren. Gemeint sind mit dem Begriff nicht etwa Artikel, für deren Veröffentlichung eine Firma zahlt - früher "Schleichwerbung" genannt, heute "Native Advertising"- sondern journalistische Angebote, für die der Leser zahlt.

Der Bitkom hat im Januar (repräsentativ) nachgefragt: Jeder vierte Internetnutzer gibt bereits jetzt für journalistische Angebote im Netz Geld aus. 17 Prozent zahlen für einzelne Artikel, ebenfalls 17 Prozent pauschal für Online-Abos. Und offensichtlich eine große Schnittmenge tut beides, denn sonst lägen wir bei 34 Prozent zahlender Nutzer. Und wie viel wird ausgegeben? 13,60 Euro im Monat. Nicht viel, aber dennoch mehr als der Betrag, den ich im gleichen Zeitraum für gedruckte Medien ausgebe. Gar nicht so schlecht. Was noch wichtiger ist: Ein Drittel der Nicht-Zahler ist grundsätzlich bereit, für Journalismus im Netz zu zahlen.

Bleibt noch der Rest, also die knappe Hälfte (46 Prozent) der Internetnutzer, die eine Bezahlung grundsätzlich ablehnt. Zwei Drittel halten die bereits gratis vorhandenen Angebote für ausreichend, 44 Prozent finden, die Qualität des Journalismus im Netz rechtfertige keine Bezahlung, 34 Prozent sind die Preise für Bezahlangebote zu hoch, 32 Prozent halten die Bezahlung für zu kompliziert.

Wie stichhaltig sind diese Gründe?

1. Qualität der Online-Medien rechtfertigt keine Bezahlung

Ja, das ist in manchen Fällen so. Ist aber auch ein Henne-Ei-Problem. Wenn ich mit einem Produkt gut Geld verdiene, kann ich auch dessen Qualität steigern. Solange ich das aber nicht glaube, werde ich in diesen Bereich nur wenig investieren. Hier sind die Verlage gefragt, den Online-Redaktion die Mittel zu geben, um auch gute Qualität leisten zu können - und diese gleichzeitig zu angemessenen Preisen anzubieten.

2. Zu hohe Preise

Ich hab mal versucht herauszufinden, was die Online-Ausgaben großer Medien im Vergleich zu den Druckversionen kosten. Gar nicht so einfach, mit all den Prämien und Goodies und damit ohne Gewähr:

  •  Wochentitel:
    Der Spiegel kostet im Abo pro Heft 4,20 Euro, als E-Paper 3,98 Euro. Die Zeit kostet im Abo pro Ausgabe 3,99, digital 3,49 Euro. Der Focus macht gar keine Unterschiede zwischen Print und Digital. Alle drei Angebote sind unakzeptabel, finde ich, wenn man bedenkt, welchen Anteil Druck- und Vertrieb an den Kosten haben.
  •  Tageszeitungen:
    Die FAZ kostet als Kombi mit der Sonntagszeitung ca. 40 Euro digital gegenüber 56,90 Euro gedruckt.
    Lediglich bei der Süddeutschen ist der Unterschied deutlich - und spiegelt in etwa unterschiedlichen Herstellungskosten wider: 29,90 Euro fürs Digitalabo gegenüber 49,90 für die Print-Ausgabe. Ein ähnliches Verhältnis, allerdings mit gestaffelten Preisen, hat die taz.

3. Zu komplizierte Bezahlung

Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Außer jemand besitzt keine Kreditkarte und keinen Paypal-Account. Aber dann kauft er auch sonst nicht viel online. Also als Ausrede entlarvt.

Und nun zum Hauptargument:

4. Gratis-Angebote reichen aus

Das stimmt für alle, deren Informationsbedürfnis sich auf allgemeine Nachrichten beschränkt. Das gilt aber nicht nur für online, sondern für alle Print-Medien - zumindest seit Erfindung des Radios. Wer nur schnell wissen will, was in der Welt passiert ist, dem reichen die TV- und Radio-News, die ja ebenfalls keine Extra-Bezahlung erfordern.

Fest steht: Je schlechter es den Printmedien geht, umso eher werden deren Online-Ableger gezwungen sein, profitabel zu wirtschaften. Und damit auch bei der Vermarktung neue Wege zu gehen, ausgetretene Pfade zu verlassen und endlich die Chancen zu erkunden, die es nur Online gibt. Wie etwa die Möglichkeit, sich ein Digitalabo aus einzelnen Ressorts zusammenzustellen - also zum Beispiel Politik, Panorama, Lokalem und Sport. Und ja - vielleicht hat das Feuilleton dann harte Zeiten vor sich, aber dann muss es einfach entsprechend verkleinert werden oder eben so gut sein, dass dessen Leser dafür mehr zu zahlen bereits sind als für den Regionalteil. Die Bereiche, die nur als Mantel für die Kleinanzeigen dienen wie Karriere, Autos und Immobilien gibt's dann halt bei Verlangen gratis obendrauf.

Noch ist bei den Verlagen die Angst zu groß, mit einem solchen Angebot das bisherige Print-Geschäftsmodell zu gefährden. Ich bin gespannt, wer sich als Erster traut.

Die Diskussion findet am 19. Februar ab 19 Uhr im Atrium der BAW statt, Orleansstr. 34, 81667 München. Bitte kostenlos anmelden.

P.S. Auf welche Modelle die Zeitungen setzen, die bereits Bezahlschranken eingeführt haben, und welchen Erfolg Axel Springer mit Paid Content hat - damit setze ich mich in Kürze auseinander. In diesem Sinne: Fortsetzung folgt.


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