Facebook hat in der Nacht auf Donnerstag in den USA den GPS-Dienst Places gelauncht, über den User angegeben können, an welchem Ort sie sich gerade aufhalten. Diese Funktion kritisierten Datenschützer, denen dann wiederum Facebook vorwarf, Places nicht verstanden zu haben.
Die Ablehnung beider Dienste hat wenig mit deren Funktionen zu tun und viel mit Gefühlen. Mit einem Unbehagen gegenüber Neuem, das man nicht versteht. Auch die ersten Eisenbahnen wurden nicht überall begeistert aufgenommen - ich weiß von einem Ort, bei dem den Bauern die Technik derart suspekt war, dass sie ihre Wiesen für sich behielten; die Bahnstation bekam der Nachbarort, der wuchs und heute ein Verkehrsknoten ist. Ob andere Länder für Neues grundsätzlich aufgeschlossener sind? Die Schweden jedenfalls freuen sich auf Street View.
Ein besonders gutes Beispiel: Ein paar Bürger haben sich mit ihrem Protest gegen Google Street View an die Zeitung gewandt und sich zur Bebilderung vor ihren Häusern fotografieren lassen. Dieser Artikel ist inzwischen online. Die Folge: Während bei Google Street View (ohne Einspruch) nur die Häuser zu sehen gewesen wären, sieht man jetzt die Bewohner davor, liest ihre Namen und ihre Ansichten. Wieso haben sich die Street-View-Gegner dazu bereit erklärt? Weil sie die Zeitung kennen und ihr trauen.
Jetzt haben sich auch die Politiker in die Diskussion eingeschaltet. Nicht die Existenz von Google Street View ruft die Politiker auf den Plan, sondern die ablehnende Haltung der Bevölkerung. In einer Umfrage der heutigen Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sprechen sich 42 Prozent der Deutschen für ein Verbot aus, gegen ein Verbot sind 25 Prozent. Da müssten sich doch Wählerstimmen holen lassen!
Wenn es gegen Facebook geht, ist Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) immer in der ersten Reihe. Im Juni hatte sie angekündigt, das soziale Netzwerk wegen Datenschutzbedenken zu verlassen. Allerdings war sie auch zuvor nicht als Social-Media-Expertin aufgefallen. Facebook hat ihre Seite in eine Gemeinschaftsseite umgewandelt.
Gegen Facebook Places haben sich bisher nur US-Datenschützer ausgesprochen, in Deutschland wird der Dienst noch nicht angeboten. Über Facebook Places kann ich sehen, wo sich eine Person aufhält. Während ich jedoch bei Google Street View aktiv werden muss, wenn ich mein Haus nicht darstellen lassen möchte, muss ich bei Facebook zustimmen, damit mein Aufenthaltsort veröffentlicht wird. Die Nutzung des Dienstes ist rein freiwillig - und deswegen ist mir die Aufregung unverständlich.
Jeder von uns ist selbst dafür verantwortlich, was er im Netz preisgibt. Ob er Kommentare oder Blogartikel unter echten Namen veröffentlicht. Ob er sich bei sozialen Netzwerken anmeldet und wen er dort seine Beiträge und Fotos sehen lässt. Was er aus dem Urlaub berichtet. Ob er die GPS-Daten seines Handys zugänglich macht oder nicht.
In diesen Fragen muss jeder von uns eine eigene Haltung entwickeln. Das mag mühsam und mit Nachdenken verbunden sein. Aber es ist eine Frage des Stils - und deswegen gibt es auch keine pauschalen Antworten. Zum Glück.
Sehr richtig, Tanja. Und erschwerend kommt noch hinzu, dass Häuserfassaden nichts mit der informationellen Selbstbestimmung zu tun haben. Es ist Bestandteil der Öffentlichkeit.
AntwortenLöschenVielleicht sollte es nebem einem VerbraucherSCHUTZministerium auch ein VerbraucherINSPIRATIONministerium geben.
Aber das würden die Deutschen dann ggf. auch schlechtreden.
P.S. Jens Best plant, Häuser online sichtbar zu machen, die bei Google Street View verpixelt werden: Er will die Gebäude ablichten und dann ins Internet stellen, siehe http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,712426,00.html
AntwortenLöschenmanche Deutsche freuen sich auch auf Streetview. googelt mal nach StreetViewTorte Oberstaufen... lohnt sich ;-)
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