Mittwoch, 29. September 2010

Unabhängigkeit? Ein Schlag ins Gesicht

Oft stellt sich erst lange nach einer Übernahme heraus, ob sie für beide Seiten gut war. Oder rausgeworfenes Geld. Oder das Ende einer guten Idee. Der Geschäftsführer eines Unternehmens, das von einem großen Konzern aufgekauft worden war, hat es einmal so ausgedrückt: "Wenn ein Großer einen Kleinen kauft, besteht die Gefahr, dass er den Kleinen zerstört - wie ein Spielzeug, das man kaputt macht, weil man es nicht kennt."

Die Beteuerungen sind anfangs immer die gleichen: Da wird viel von Werten gesprochen, aber wenig von Geld. Geht es um journalistische Inhalte, wird die Unabhängigkeit betont. So auch im Fall der Akquisition von TechCrunch durch AOL. Tim Armstrong, der Chef des Internetkonzerns, legte Wert darauf, dass Bloggründer Michael Arrington an Bord bleibt, dieser wiederum lobt artig AOLs Managementteam, dessen Kompetenz der Grund für seine Zustimmung gewesen sei: "AOL hat eine große Vision für die Zukunft." Als ob Visionen immer von Vorteil seien.

Die Übernahme wurde großartig inszeniert, die Unterzeichnung fand live während einer Konferenz statt, Armstrong flog extra von New York ein und alles wurde per Video aufgezeichnet.

Und dann. Dann ist etwas passiert, was das ganze Gerede über Unabhängigkeit zur Makulatur werden ließ: Armstrong verkündete den Kauf von TechCrunch auf TechCrunch, in dem unter der triumphalen Überschrift "Wir haben TechCrunch" die offizielle Pressemeldung seines Konzerns veröffentlichte. Und das in einem Medium, das sich rühmt(e), niemals solche Meldungen zu verwenden, ja, sie nicht einmal zu lesen! Eine pure Machtdemonstration. Gütig kündigt Armstrong an, dass auch Arrington zum Verkauf später noch einige Worte sagen würde. Sieben Stunden dauert es, bis Arrington seine Erklärung postet, etwas über Müdigkeit und tolle Chancen.

Seine Leser konnte er nicht überzeugen. In den Kommentaren ist von einem Scherz die Rede, vom (drohenden) Verlust des Charakters des Blogs und von Schulden.

Hier das Video für alle, die eine gute Inszenierung schätzen:

3 Kommentare:

  1. Interessant. Wie sich diese Übernahme wohl für das Blog weiterentwickelt? Die ansonsten clever ausgedachte Inszenierung fand ich in der Umsetzung allerdings etwas schwach... Nicht genug geprobt?

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  2. Jawohl. Arrington ist ja sonst bekannt für seine akribisch einstudierten Reden, die sorgfältige Wahl der Sprache und gut belegte Faktenberichte.

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  3. Es ist Arrington zu Vergönnen, das er sich Techcrunch jetzt vergolden lässt. Der Blog hängt stark mit seiner Person zusammen, und er wirkt ehrlich gesagt seit einiger Zeit "ausgebrannt" - also guter Exit für Ihn, etwas holprig geplante Durchführung und definitiv ein weiteres inszeniertes "Sprachrohr" für AOL

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